Kirchenjahr
Dreieinigkeit - Nach Trinitatis - Johannes der Täufer

 

DreieinigkeitSymbol

 
Weitere Informationen:
Wilhelm Stählin - Dreifaltigkeit (1924)
 
Das Fest der Heiligen Dreieinigkeit läßt uns anbetend stille halten, nachdem die großen Kundgebungen Gottes an die Welt zum Abschluß gekommen sind und das Werk Seiner Offenbarung als Ganzes vor uns liegt. An diesem Tage stehen wir mit der Kirche vor der Ganzheit, der Fülle und dem Geheimnis der Gottheit, deren Wesen über unser Begreifen geht. Wir vermögen in unserer menschlichen Schwachheit nur die Stufen der göttlichen Offenbarung nachzuspüren, so wie in der Heiligen Schrift die Offenbarungen Gottes nacheinander erzählt werden - wiewohl es in Gott keine zeitlichen Ablauf, kein "Vorher" und "Nachher" gibt!
Die Heilige Schrift stellt vor uns zunächst das Werk des Vaters und Schöpfers, der Sein "Wort" spricht und der ausgehen läßt Seinen "Odem". Aus beidem, aus Wort und Geist des Schöpfers gewinnen die Kreaturen das Leben bis auf den heutigen Tag.
Aber alle Kreaturen sind dem Nichtigen unterworfen, sie seufzen unter der Vergänglichkeit, die ganze Schöpfung leidet am Menschen, der aus Gottes Ordnung herausgefallen ist. Darum erzeigt sich Gott der Welt als Versöhner, der selber als der Sohn in den Riß tritt und von der Menschwerdung bis zum Kreuz die ganze Not der gefallenen Welt durchleidet, bis durch Sein Auferstehen der Anbruch der neuen Schöpfung und die echte Versöhnung der Welt sichtbar wird.
Die Tat des Versöhners wird vollendet durch das Werk des Heiligen Geistes; wunderbar und geheimnisvoll wirken durch Ihn beide, der Vater und der Sohn an der Menschheit. Sie sind gekommen und haben Wohnung unter uns gemacht am Pfingsttage. Sie wirken dort durch den Trost der Vergebung und durch die Kraft der Wandlung und Heiligung bis zur Erlösung der ganzen Welt aus den Banden der Sünde und des Todes und zur Erschaffung des neuen Himmels und der neuen Erde.
Was wir schwache Menschen, dem einzelnen Geschehen nachspürend, in zeitlicher Aufeinanderfolge darstellen, das schaut die Kirche am Feste der Heiligen Dreieinigkeit zusammen. Doch darf auch diese Schau nicht so verstanden werden, als bezeichne das Wort Dreieinigkeit nur eine kühne Zusammenschau durch den Menschen, sondern sie ist eine wesensmäßige und untrennbare Zusammengehörigkeit in Gottes Gottheit selber. Dies Wesen der Gottheit wird in dem alten Lobpreis der Kirche also verehrt: "Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste / wie es war im Anfang / jetzt und immerdar / und von Ewigkeit zu Ewigkeit." So war es "im Anfang": als der Dreieinige ist Er angebetet worden bei der Schöpfung, als Ihn "die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Gottessöhne" (Hiob 38,7). Deshalb begleitet im alten Paradeisspiel der Chor der himmlischen Wesen jedes Werk des Schöpfers mit dem Gesang: "wir loben Dich schon im höchsten Thron". So erklingt heute an jedem Sonntag in der Kirche das Lob der Dreieinigkeit, so wird es sein bei der Vollendung, wenn Gott sein wird "alles in allem". Wie Gott die Ganzheit der Welt und unseres Lebens umfaßt als der Schöpfer, Versöhner und Heiliger, so gehört in Ihm selber Anfang und Ende, Schöpfung, Geschichte und Vollendung zusammen durch das Geheimnis Seines Wesens. Bei unsrer Taufe umgreift Er unser ganzes Wesen durch Wasser, Wort und Geist, wir sind getauft "in den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Ursprung, Weg und Ziel sind in Ihm eins: "von Ihm und durch Ihn und zu Ihm sind alle Dinge, Ihm sei Ehre in Ewigkeit."
 
Die Farbe des Dreieinigkeitsfestes ist Weiß
 
Spieker [5] S. 176-177

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Nach TrinitatisSymbol

 
Weitere Informationen:
Reinhard Brandhorst - Stundengebet in der Zeit nach Trinitatis
 
Nach dem Trinitatisfest beginnt die "festlose Zeot" Die Sonntage tragen keine eigenen Namen, sondern werden gezählt (1. Sonntag nach Trinitatis bis - je nach dem Ostertermin - 24. Sonntag nach Trinitatis. Die liturgische Farbe ist Grün. In dieser Zeit liegen mehrere kleine Feste, von denen besonders die alten Quatemberfeste Johannis und Michaelis hervorzuheben sind.

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Johannes der Täufer 

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Weitere Informationen:
Gunnar Roosendal - Das St. Johannisfest in der Schwedischen Kirche

"Einen christlichen Tag wollen wir Euch, Geliebte, wieder ins Gedächtnis rufen, wenngleich es eigentlich nicht wohl geschehen kann, daß er in euren Herzen völlig in Vergessenheit geraten sei. Dennoch bringen wir diesen Hinweis, weil offenbar auch die Heiden ihrerseits denselben Tag heilig halten." So hat einst Augustinus das Recht des christlichen Johannisfestes gegenüber den heidnischen Sonnwendfeiern vertreten. Es scheint an der Zeit, daß die Kirche gegenüber einer zunehmenden Verweltlichung ehemals christlicher Gedenktage sich aufs neue darauf besinnt, was ihr die Gestalt Johannes des Täufers auf der Höhe des Jahres zu sagen hat.
Johannes ist der unerschrockene Verkünder der göttlichen Wahrheit ohne Abstriche: kein Rohr, das im Winde hin und her schwankt, kein Mensch in weichen Kleidern, sondern ein harter Asket und ungebeugter Charakter. Er ist nach Jesu Zeugnis der Größte unter den Weibgeborenen. Aber dieser Mann ist ein Geopferter. Auf der Höhe des Wirkens, als das ganze Land zu ihm strömt, wird er da:hingerafft, gefällt durch den Haß einer Frau und die Schwäche eines feigen Genußmenschen. So redet diese Gestalt eine ernste Sprache: alles, was hoch steht, muß herunter, auch Mannesgröße ist der Vergänglichkeit geweiht. Darum steht er im Jahreslauf an dem Punkt, da die Sonnenbahn sich wieder abwärts neigt. Im hohen Gras rauscht schon die Sichel, und über die Felder zieht ein Duft von Wiesenheu: »Alles Fleisch ist Gras / und alle seine Güte ist wie eine Blume aufdem Felde / Das Gras verdorret / die Blume verwelket / denn des Herren Odem bläset drein / Ja, Gras ist das Volk« (Jes. 40, 6-7). Es liegt eine sehr eindringliche Mahnung an unsere eigene Vergänglichkeit darin, wenn in Franken am Johannistag der Toten gedacht wird und ihre Gräber geschmückt werden mit dem Flor der Rosenzeit. Alle sommerliche Schönheit kann nicht hinwegtäuschen über das Todeslos der Kreatur. Auch Johannes ist ein »brennend und scheinend Licht«, das vergehen muß.
Dieser todgeweihte Mann weist über das Vergehen des Menschen hinaus auf die neue Welt Gottes, die in Christus kommt. Die christliche Unterschrift unter den Johannistag lautet: »Er muß wachsen / ich aber muß abnehmen.« Das steht über dem weisenden Finger an der Hand des Täufers auf dem Kreuzigungsbild von Matthias Grünewald. Dieser Zeigefinger ist gegenüber der Hand auffällig unproportioniert, er wächst gleichsam aus der menschlichen Hand als ein nicht mehr dazugehöriges Glied heraus. Genaue Nachprüfung zeigt, daß er sein Maß nach der vom Künstler übermenschlich groß dargestellten Christusgestalt hat, mit dieser also gehört der wei- sende Finger des Täufers zusammen. Das ist die Funktion des Täufers: Weiser zu sein auf den Größeren, der kommt. Durch das Schicksal des Täufers wird uns der Sinn der absteigenden Sonne erst deutlich. Diese irdische Sonne ist ein Körper, welcher verbrennt. Das irdische Leben, das sie weckt, eilt in seiner Gesamtheit mit ihr einem unbekannten Ende zu. So weckt das Schicksal der sich verzehrenden Sonne in uns die Frage nach dem Licht, das nicht vergeht. Die Sonne muß gleich dem Täufer bekennen: »ich bin's nicht«. Sie läßt nach dem Licht fragen, das unvergänglich ist. Christus gibt die Antwort: »Ich bin das Licht der Welt«. Gerade das christliche Gedächtnis der Toten am Johannistag macht jene herrliche Verheißung aus dem Propheten Jesaja lebendig: »Deine Sonne wird nicht mehr untergehen / denn der Herr wird dein ewiges Licht sein / und die Tage deines Leidens sollen ein Ende haben« (60, 20).
Im Evangelium ist uns erzählt, daß die Geburt des Täufers sechs Monate vor der Geburt Christi geschehen sei. Diesen Zusammenhang deutet uns Augustinus in einer Predigt am Johannistag: »Heute ist Johannes geboren worden: vom heutigen Tage an nehmen die Tage ab. Christus ist acht Tage vor dem ersten Januar geboren worden: von diesem Tage an nehmen die Tage zu.« Das Geburtsfest Christi begehen wir zur Zeit der Wintersonnenwende, da aus tiefer Nacht das Licht neu geboren wird. So beginnt mit der Menschwerdung Christi die große Hoffnung für die Welt. Sie wird vorbereitet in der Geburt des Täufers zu der Zeit, da die irdische Sonne am höchsten steht und ihre Bahn zum Abstieg sich wendet. Gott knüpft in Seinem Wort an diesen Abstieg den Trost der Hoffnung: »Euch aber / die ihr Meinen Namen fürchtet / soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit« (Mal. 3,20).
Johannes steht auf der Grenze zweier Zeiten. Das wissen um die Wende der Zeit macht seine Größe. Er weiß, daß das Alte zu Ende geht und das Leben durch eine Wende und einen Neubruch hindurch muß. Bis in die letzten Zweifel durchleidet er »der Zeiten ungeheuren Bruch«: sieht er die »Zeichen« richtig? Täuscht er sich in der Stunde der Weltzeit? Er selber kann das Neue nicht bringen, und doch weiß er, daß das Alte unwiederbringlich dahin ist. Das gibt seiner Gestalt etwas Gebrochenes, ja Gequältes, so haben es schon die alten Künstler dargestellt.
Johannes steht noch in der Welt des Gesetzes. Als die Menschen ihn fragen: »Was sollen wir denn tun?«, kann er ihnen nur sehr vorläufige Dinge sagen. Es gilt, fremde Not zu lindern, ehrlich die Tagespflicht zu erfüllen, Unrecht und Gewalt zu meiden. Das sind sehr notwendige Dinge, die dem Menschen immer wieder gesagt werden müssen. Johannes ist für uns ein Zeuge, daß das Gesetz Gottes nie veraltet und daß es auch in der Kirche des Evangeliums sein bleibendes Recht behält. Aber des Gesetzes Werke vermögen nicht zu erlösen vom ewigen Tode, »die werk nit vorlosen van dem ewigen dode« - so steht in der dem Täufer Johannes geweihten Kirche zu Hamburg-Eppendorf als Unterschrift auf einem alten Bild, auf welchem unsere Väter den ganzen christlichen Heilsweg dargestellt haben vom Sündenfall und der Gesetzgebung auf dem Berge Sinai bis hin zur Menschwerdung unseres Heilandes, seinem Kreuzestod und seiner Auferstehung. Das Bild ist durch einen Baum in zwei Hälften geteilt. Auf der linken Seite, der Seite der Gesetzgebung, ist der Baum verdorrt. Auf der rechten Seite, der Seite der Erlösung, grünt er lustig: durch Christus kommt die neue Schöpfung. Johannes, der auf diesem alten Bild, mit einem goldgelben Vließ bekleidet, genau an die Grenze der beiden Welten gestellt ist, weist den Menschen, der nackt und bloß auf einem Steine unter dem Baum sitzt, mit nachdrücklicher Gebärde nach der Seite des neuen Lebens: dort ist die Erlösung vom Tode, dort sind Gnade und Wahrheit durch Christus zur Wirklichkeit geworden. Auch wenn Johannes selber noch im Schatten der alten Ordnung steht, wenn in der neuen Welt Gottes der »Kleinere«, der kindlich aus Gottes Gnade lebt, größer sein wird als der Täufer, so haben unsere Väter recht, wenn sie Johannes als den Zeugen dargestellt haben, der uns auf das neue Leben in Christus verweist. so hat ja auch nach dem Zeugnis des Johannesevangeliums der gewaltige Mann seine eigenen Jünger von sich fort und zu Jesus hin verwiesen, der vorüberwandelt: »Siehe, das ist Gottes Lamm« (1, 36). Nichts anderes ist gemeint, wenn in der Ordnung des Kirchenjahres Johannes der Täufer an dieser Stelle der sommerlichen Jahreshälfte steht. Er soll uns auf Christus verweisen, daß durch Ihn unser gesamtes irdisches Leben geheiligt werde. Dieses irdische Leben bleibt weiter unter dem Gesetz Gottes. In diesem Gesetz sind uns die Gaben vor Augen gestellt, mit denen Gott uns beschenkt hat: Eltern und Kinder, Leib und Eigentum, Wahrheit und Ehre; uns werden die Ordnungen angewiesen, in denen wir leben: Ehe und Familie, Volk und Staat, Feiertag und Gottesdienst. Aber von Christus her empfangen diese Ordnungen einen neuen Inhalt, durch Ihn allein kommt die Aufgabe, welche im Gesetz Gottes vor uns steht, zu ihrer Erfüllung. Unsere Lesungen in der Zeit der abnehmenden Sonne handeln auch von den Ordnungen des Lebens, welche mit dieser Welt vergehen. Wir zerbrechen diese Ordnungen nicht, sondem wir suchen sie zu »erfüllen«, nicht kraft menschlicher Leistung, sondern durch das Geschenk göttlicher Gnade, das uns in Christus zuteil wird. Darum steht in dieser Zeit nach dem Johannistag das Gedächtnis an unsere Taufe, durch die wir ganz, auch mit unserem Leib eingetaucht sind in den Born der Gnade, in das Geheimnis göttlichen Lebens, das vom Dreieinigkeitsfest her diese ganze Zeit bis zum Ende des Kirchenjahres überstrahlt. Weil auch unser Leib teil hat an der göttlichen Verheißung, weil in uns der Keim geistlichen Wachstums gepflanzt ist, so handeln wir in dieser Zeit von der »Heiligung des Leibes« und den »Früchten des Geistes«. In dieser Zeit sommerlichen Wachsens und Reifens bleibt unser tiefstes Anliegen, was Paul Gerhardts Sommerlied in die Worte kleidet:

»Mach in mir Deinem Geiste Raum,
daß ich Dir werd ein guter Baum,
und laß mich Wurzel treiben;
verleihe, daß zu Deinem Ruhm
ich Deines Gartens schöne Blum
und Pflanze möge bleiben.«
Die Farbe des Johannisfestes ist Weiß, weil das Geburtsfest des Täufers sein Licht empfängt vom Geburtsfest Christi.
 
Spieker [5] S. 197 - 201

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 04-11-21
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